U20 ist Deutscher Vizemeister

Nachwuchs | 04.05.2022

Bei der Deutschen Meisterschaft der unter 20-Jährigen ist das Team des VC Dresden am vergangenen Wochenende in Grafing/Rosenheim ungeschlagen ins Finale eingezogen. Erst dort musste sich die Mannschaft nach hartem Kampf mit 0:2 (21:25, 26:28) dem heimischen TSV Grafing geschlagen geben. Damit holte die U20 Silber. Das ist ein großer Erfolg für die Spieler und den Verein.

“Also unter die besten acht wollten wir auf jeden Fall kommen, eine Medaille haben wir uns zugetraut. Dass es nun Silber wurde, darüber können wir uns wirklich freuen”, sagt Trainer Karsten Blume. An dem Erfolg hatte ein großes Team seinen Anteil. Trainer Stefan Thormeyer beobachtete die Gegner. Eine wichtige Aufgabe in einem solchen Turnier. Carsten Böttcher brachte als Co-Trainer auf der Bank wichtige Impulse. Das war auch so etwas wie ein gelungener Abschluss für ihn. Denn ein Großteil der Spieler hatte er bereits betreut, als diese noch Kinder waren.

Nachtfahrt nach Rosenheim

Dass unser Team nicht ganz chancenlos war, lag an einer langen Vorbereitung. Die begann quasi schon damit, dass Außenangreifer Pierre Clauss sich das Spielrecht für die U20 für den VC Dresden sicherte, obwohl er vor der Saison nach Delitzsch gewechselt war. Ohne Hürde ging das am Ende aber trotzdem nicht ab.

Der GSVE Delitzsch legte sein Nachhol-Spiel in der 2. Bundesliga gegen Leipzig ausgerechnet auf den 29. April, dem Anreise-Freitag nach Grafing. Mit Sonderfahrt sollte es nach Spielende sofort nach Rosenheim gehen, um zur U20 stoßen zu können. Doch wie es in solchen Fällen eben ist, spielten beide Teams ausgerechnet an jenem Tag fünf Sätze. Erst nach mehr als zwei Stunden Spieldauer konnte Pierre unter die Dusche und mit Co-Trainer Carsten Böttcher in die Nacht auf die Autobahn verschwinden.

Ungeschlagen Gruppensieger

Dass das keine übertriebene Aktion sein sollte, wurde am Sonnabendvormittag schnell deutlich. Im ersten Spiel hatte das Team – noch ohne Pierre – große Mühe mit dem vermeintlichen Außenseiter PSV 90 Dessau. Mit 25:12 ging der erste Satz zwar klar an Dresden. Doch danach ließ das Team etwas nach und Dessau holte Satz zwei mit 25:21. Das weckte ungeahnte Kräfte und der VCD musste schon stark zulegen, um knapp aber verdient den Tiebreak zu gewinnen (16:14).

Fast in Kopie verlief das zweite Gruppenspiel gegen Schwerin. Nach deutlichem Satzgewinn (25:12) fiel das Team wieder in ein sportliches Tal (18:25), um sich im Tiebreak erneut aufzubäumen (15:13).

Im abschließenden Spiel um den Gruppensieg gegen Human Essen – immerhin Sieger der Regionalmeisterschaft West – hielt das Dresdner Team aber endlich die Konzentration von Anfang bis Ende hoch. Das 2:0 (25:20, 25:22) bedeutete den Gruppensieg und gleichzeitig, dass man die zusätzlichen Überkreuz-Vergleiche der Gruppenzweiten mit den Gruppendritten vermeiden konnte.

Schreckmoment am Morgen

Am Sonntag ging es nach dem Wecken um 7 Uhr und einem ordentlichen Frühstück im Hotel zur Post in Rohrdorf, wo die Spieler in Mehrbettzimmern nächtigten, zum Viertelfinale gegen den Nord-Meister VSG Lübeck. Die schienen allerdings keine Morgenmuffel zu sein. Angefeuert von einem lautstarken Anhang von Eltern und Freunden zeigten sie sofort, dass sie sich nicht so leicht den Dresdnern ergeben werden. Mit teilweise sensationellen Abwehraktionen hielten sie bis zum 24:21 ihre einmal erkämpfte Führung. Ein kleiner Schreckmoment am Morgen. Sollte Dresden jetzt schon auf einen stärkeren Gegner getroffen sein?

Doch eine Aufschlagserie von Luis Dömeland, der mit seinem Service einige Gegenspieler vor schwierige Aufgaben stellte, und starker Blockarbeit wehrte der VCD einen Satzball ab und drehte den Satz noch (26:24). Das war offenbar der “Hallo-wach”-Effekt. Konzentriert nutzten die Dresdner ihre Chancen im Angriff und sicherten sich nicht nur den 2:0-Satzerfolg, sondern mit dem Halbfinaleinzug auch schon eine Medaille. Traditionell wird im Volleyball der 3. Platz nicht ausgespielt. Entsprechend groß war der Jubel auf dem Feld und auf den Rängen.

Grandioses Halbfinale

Doch das Team wollte mehr. Die DM U18 des 2003er-Jahrgangs fiel vor zwei Jahren Corona-bedingt aus. Bei der U16 dieses Jahrgangs standen 2018 Rottenburg, Grafing, SCC Berlin und der VC Dresden im Halbfinale. Die gleiche Konstellation hätte es wieder geben können. Rottenburg reiste jedoch ohne fünf der Deutschen Meister von damals an. Das war nicht zu kompensieren und stattdessen zog TuS Kriftel ins Halbfinale gegen das Dresdner Team ein.

Was die VCD-Jungs da in der Anfangsphase abfackelten, war grandios. Sie setzten Kriftel mit sehr guten Aufschlägen unter Druck und waren in der Blockarbeit überlegen. Das betrifft nicht nur U20-Nationalspieler Karl-Lennart Klehm, von dem man das fast schon erwartet hat. Auch U18-Nationalspieler Tobias Stemmler setzte sich fast nach Belieben im Angriff durch. Dabei ist der noch 15-Jährige Jahrgang 2006, ebenso wie der Youngster des Teams, Libero Simon Schumacher.

Auch weil sie eine eingeschworene Truppe waren, kamen die Dresdner so weit im Turnier.

Zuspieler Simon Gilbrich mit viel Erfahrung aus der 2. Bundesliga der Männer setzte seine Mitspieler gekonnt ein, dass sie teilweise blockfrei angreifen konnten. Das Ergebnis von 25:16 war herausragend. Das wollte Kriftel natürlich nicht auf sich sitzen lassen. In Satz zwei ließ das VCD-Team aber keine Luft mehr an den Erfolg, wie es so schön heißt. Dass die Krifteler den Ausfall von Nationalspieler Joscha Kunstmann auf der Diagonal-Position zu verkraften hatten, spielte Dresden weiter in die Karten. Mit 25:21 wurde lautstark der erhoffte Einzug ins Finale gefeiert.

Meister in den Dresdner Reihen

Das war das Ziel der Trainer und insbesondere der älteren Spieler des Teams. Immerhin standen fünf Spieler des VCD schon mal ganz oben auf dem Podest: in der U14 waren das Simon und Malte Gilbrich, Yannek Schüßling, Luca Jendrics und Luis Dömeland. Die 2003er-Spieler Karl-Lennart Klehm, Pierre Clauss und Konrad Thiel holten schon mal Silber und Bronze in verschiedenen Altersklassen.

Für Nikolas Söhnel und Simon Schumacher war es dagegen die erste Deutsche Meisterschaft überhaupt. In der U14 waren sie noch nicht dabei. Danach waren zwei Jahre Corona-Pause. So machten sie ihre ersten Meisterschafts-Erfahrungen gleich im ältesten Nachwuchs-Jahrgang. In der U20 können sie aber noch mehrfach antreten. Für Libero Konrad Thiel und Mittelblocker Richard Rehwagen war das Finale der erhoffte Höhepunkt ihrer bisherigen Volleyball-Karriere.

Finale mit Heimspielatmosphäre

Mit wem man vor dem Finale auch sprach, hieß es immer: Grafing ist klarer Favorit. Immerhin standen in deren Reihen nicht nur drei U20-Nationalspieler mit den Angreifern Laurenz Welsch und Juro Petrusic sowie Mittelblocker Simon Breinbauer. Die haben alle auch schon Erstliga-Erfahrungen im Männerbereich gesammelt, bei Herrsching und Haching. Breinbauer bestritt schon Testspiele mit dem Deutschen Meister-Team aus Berlin. Zudem sprachen die Veranstalter von einer Kulisse von 800 Zuschauern. Für die jungen Dresdner Spieler war das eine ganz neue Erfahrung, von der sie in ihrer weiteren Laufbahn aber sicher noch profitieren werden.

Entschlossen legten die Grafinger los. Die Bayern konnten sich vor heimischem Publikum zwar absetzen, doch die Dresdner hielten lange dagegen. Die Fehlerquote war allerdings in allen Mannschaftsteilen höher. Zudem stellten Sie den Dresdner Angriffen durch die Mitte konsequent einen Zweier-Block entgegen. Zwar fanden die Dresdner zunehmend Lösungen, doch liefen sie bis zum Schluss einem Rückstand hinterher. Grafing sicherte sich den 25:21-Satzerfolg.

Wer die Dresdner da schon abgeschrieben hat, wie etwa die Moderatoren im Livestream, der sollte sich noch wundern. Angetrieben von den Dresdner Eltern, Freunden und Fans sowie den Leipzigern und immer mehr Zuschauern, die sich auf die Seite des aufopferungsvoll kämpfenden VCD-Teams schlugen, schwangen sich die Dresdner zu ungeahnten Höhen auf. Exemplarisch dafür waren insgesamt vier Blockpunkte von Malte Gilbrich, der bisher noch nicht als Block-Monster galt.

Die einfachen Lösungen klappten bei Grafing plötzlich nicht mehr. Dresden zog Break um Break davon. Beim Stand von 12:6 für den Außenseiter waren die Einheimischen komplett verstummt. Stattdessen genossen die Dresdner gefühlte Heimspielatmosphäre.

Grafings Trainer schwor in der Auszeit seine Jungs noch mal ein, alles zu geben. Immer wieder gingen die Angriffe über den Erstliga-erfahrenen Juro Petrusic. Punkt um Punkt holte Grafing auf. Das hohe Niveau konnten die Dresdner nicht halten. Nach zwei Auszeiten rettete das Dresdner Team den Vorsprung noch bis zum 23:22, konnte den Ausgleich aber nicht mehr verhindern.

Dass es dennoch drei Satzbälle für Dresden gab, erhöhte die Dramatik dieser Zitterpartie aufs Unermessliche. Beide Teams konnten noch dreimal ihr Side-Out halten. Nur wer in dieser Crunchtime keinen Fehler mehr macht, würde den Satz gewinnen. Grafing zog nun alle Register. Beim dritten Satzball für Dresden holte sich der Grafinger Zuspieler noch eine Gelbe Karte für Zeitverzögerung ab. Der zuvor eingewechselte junge Luis Dömeland ließ sich davon aber nicht beeindrucken und servierte nervenstark.

Grafing blieb stabil. Dresden unterliefen dann doch zwei Angriffsfehler. So ging ein denkwürdiges Finale knapp mit 28:26 im zweiten Satz an die Grafinger. Überglücklich fielen die sich in die Arme und waren froh, die hochgesteckten Ziele und alle Hoffnungen des Heim-Vereins erfüllt haben zu können. Das war ein Geschenk für alle Ehrenamtlichen, die sich mit Herzblut für dieses rundum gelungene Turnier engagiert haben.

Nationalhymne auf dem Siegerpodest

Auf Dresdner Seite wurde nur noch kurz darüber orakelt, was möglich gewesen wäre, wenn beispielsweise Diagonal Felix Hemmer dabei gewesen wäre, wenn er sich nicht kurz vorher verletzt hätte und dann auch noch in Corona-Quarantäne musste. Oder wenn es nicht den wochenlangen Verlust der Trainingsstätte Bürgerwiese gegeben hätte.

Am Ende standen die 13 Spieler und drei Trainer dennoch voller stolz vor der deutschen Flagge und hörten die Klänge der Nationalhymne auf dem Siegerpodest stehend. Alle zusammen haben sie die Stadt Dresden, Sachsen und den Verein wieder einmal überaus würdig vertreten.

Vorfreude auf U18

Damit hat die U20 mächtig vorgelegt. Die U18 des VC Dresden folgt am 14./15. Mai mit ihrer Deutschen Meisterschaft. Auch hier rechnen die Optimisten insgeheim mit einer Medaille. Fünf der mit Silber dekorierten Spieler sind dann erneut dabei. Die mitgereisten Eltern haben sich schon verabredet und sind voller Vorfreude. Das ist Vereinsleben im besten Sinne, wie es zwei Jahre arg vermisst wurde. Eine Woche später steht dann noch die U14 vor dieser Herausforderung. (gk)

Für den VC Dresden waren in Rosenheim und Grafing dabei: Peter Bräuer, Pierre Clauss, Luis Dömeland, Malte Gilbrich, Simon Gilbrich, Luca Jendrics, Benjamin Kirsch, Karl-Lennart Klehm, Richard Rehwagen, Simon Schumacher, Yannek Schüßling, Tobias Stemmler, Konrad Thiel, Nikolas Söhnel; Trainer-Team: Karsten Blume, Carsten Böttcher, Stefan Thormeyer