Leistungssport Volleyball männlich in Dresden steht auf dem Spiel

Mit diesem Brief hat sich der Vorstand des VC Dresden an Politiker der Stadt und mehrere Sportverbände gewendet:

Die Entscheidung des Oberbürgermeisters von Dresden, die Sporthalle Bürgerwiese von heute auf übermorgen zu sperren und dort Geflüchtete unterzubringen, ist für den Volleyball Club Dresden eine Katastrophe. Von Leistungssport kann keine Rede mehr sein. So wird eine der erfolgreichsten Mannschaftssportarten der Stadt Dresden im männlichen Bereich auf Dauer kaputt gemacht. Dass einer Mannschaft in der 2. Bundesliga im Volleyball, Fußball, Handball oder Eishockey die Spielstätte innerhalb weniger Stunden gesperrt wird, ist ein einzigartiger Vorgang in Deutschland. Vergleichbares ist uns nicht bekannt und hätte im Falle der Eislöwen, Titans und erst recht bei Dynamo ein anderes Echo ausgelöst, obwohl sie nicht höherklassiger spielen als der VC Dresden, zugegebenermaßen allerdings eine ganz andere Aufmerksamkeit in der Stadt genießen. Deshalb wollen wir mit diesem Brief aufklären und sensibilisieren.

Kinder und Jugendliche trainieren im Park

Was uns als Verein, der sowohl vom Landessportbund als Landesstützpunkt als auch Talentstützpunkt Volleyball männlich eingestuft ist, fassungslos zurücklässt, mit welcher Leichtigkeit dem Leistungssport Volleyball männlich ein Ende gesetzt wird, weil die Stadt nicht ausreichend Ersatz an Trainingsmöglichkeiten bieten kann und auch im Umland keine Unterstützung zur Aufnahme von Geflüchteten organisiert bekommen hat, sodass nicht mehr jede Sportgruppe des VC Dresden trainieren kann. Am härtesten trifft das unsere U16, die musste sich mit Fitnessübungen im Stadtpark Bürgerwiese auf die Sachsenmeisterschaft vorbereiten. Lediglich ein Training war vorab an einem Volleyballnetz möglich. Dass das nichts mit Leistungssport zu tun hat, dürfte jedem einleuchten. Hinzu kommt die Verletzungsgefahr.

Dass die Kinder und Jugendlichen wieder als allererste herhalten müssen, nehmen wir nicht mehr klaglos hin. Zwei Jahre Corona-Maßnahmen haben den Kindern, ihren Eltern und dem Verein viel abverlangt. Bei den Sachsenmeisterschaften am vergangenen Wochenende, die zum ersten Mal seit drei Jahren wieder ausgetragen wurden, war deutlich zu erkennen, wie groß der Leistungsunterschied zu vergangenen Jahren ist als auch zwischen den Landeskadern, die noch mit Sondergenehmigung kürzere Corona-Pausen hatten, und allen anderen. Dass wir als Verein Mühe haben, die Mitgliederstärke wenigstens halbwegs zu halten, sei nur am Rande erwähnt und schafften wir bis zum 10. März aus eigener Kraft.
Das geht Vereinen, die ausschließlich Breitensport betreiben, nicht anders. Deshalb können wir uns im Sinne aller Kinder und Jugendlichen in sämtlichen Vereinen dem Appell des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) an die kommunalen Spitzenverbände nur anschließen, möglichst auf die Ausweisung von Sportstätten als Flüchtlingsunterkünfte zu verzichten – zugunsten geeigneterer Einrichtungen. Die Schäden durch den langfristigen Ausfall des Breitensports werden erhebliche wirtschaftliche und sozialpolitische Folgen haben, die wir alle zu tragen haben, nicht nur die Sportler.

Arbeitsplätze gefährdet

Beim VC Dresden kommt noch ein Aspekt hinzu. Wenn jetzt nicht sofort alles dagegen getan wird, den Leistungssport Volleyball männlich in Dresden mit politischen Entscheidungen weiter zu behindern, ist das Ende absehbar. Damit wäre einer der erfolgreichsten Volleyball-Vereine Deutschlands im männlichen Nachwuchs, der VC Dresden, Geschichte. Daran hängen aktuell eine Vollzeitstelle, ein Auszubildender und geringfügig Beschäftigte. Im April bessert sich die Situation zwar, in den Dresdner Sporthallen wird Platz, und dem Verein wurden schon weitere Zeiten versprochen. Doch Erstens sind dann wichtige Qualifikationsturniere bereits gelaufen, zudem kann der ausführende Sportstättenbetrieb nicht garantieren, dass die Planung Bestand hat. Diese Woche wurden erst wieder kurzfristig weitere der wenigen vorhandenen Hallenzeiten für den VC Dresden gestrichen, weil die Abschlussklassen der Schulen mit gesperrten Sporthallen diese für den Sportunterricht brauchen.

Wettbewerbsnachteil in der Bundesliga

Auch im Männerbereich bergen die nun arg eingeschränkten Trainingsmöglichkeiten schwer wiegende Folgen. Die Männer haben mit der Schulsporthalle des Sportzentrums eine Ausweichspielstätte erhalten. Der guten Zusammenarbeit dort mit dem Dresdner SSV, dem VC Olympia und dem DSC sowie dem Schulpersonal sind wir sehr dankbar. Mit riesigem logistischen Aufwand muss nun allerdings alles von der Bürgerwiese zum Spieltag dorthin und wieder zurück transportiert werden, 52 Meter Werbebanden, Tontechnik, sowohl Technik für den Livestream, Spielanalyse, Catering und vieles mehr, was ein semiprofessionelles Team von Sportlern so braucht. Lagermöglichkeiten gibt es nicht. Nach den Spielen geht alles wieder retour. Ein enormer personeller und finanzieller Aufwand für den Verein, den wir angesichts der politischen Weltlage aber ohne zu murren tragen.

Es ist aber auch im Männerbereich Volleyball in Dresden kein Leistungssport mehr möglich, weil eine komplette Hallenzeit fehlt, viele Trainingsinhalte sind auf den zur Verfügung stehenden halben oder Drittel-Hallen nicht durchführbar. Das Team befindet sich aber ausgerechnet jetzt in der entscheidenden Saisonphase. Jeder Punkt ist wichtig für den Klassenerhalt. Da haben wir in der 2. Bundesliga sogar noch eine bessere Ausgangsposition als Dynamo, denen es sportlich ähnlich geht, weil wir noch über dem Strich in der Tabelle stehen. Bitte unterstützen Sie uns, damit das auch nach den drei noch ausstehenden Punktspielen der Fall ist. Wir erwarten überhaupt nicht die Hingabe, dass die Spitzen der Stadt auch zu unseren Bundesliga-Spielen erscheinen. Uns würde genügen, so erfolgreich weiterarbeiten zu können, wie bis 2019.

Ukraine-Hilfe ist wichtig

Uns ist sehr wohl bewusst, dass nicht jeder Politiker Sportfan ist und sich mit Männer-Volleyball auskennt. Wir fordern jedoch, dass in der Stadtspitze die sportliche Leistung des VC Dresden anerkannt wird, ebenso der Fakt dass die Sportler des Vereins Botschafter für diese Stadt sind und bis zur Corona-Pause auch Erfolgs-Garanten.
Damit kein falscher Zungenschlag aufkommt: Der Verein unterstützt die Bewältigung der Flüchtlings-Krise so gut er kann. Bereits zwei Tage nach Kriegsbeginn gab es öffentlichkeitswirksam eine Schweigeminute zum Bundesligaspiel. Der Verein hat sämtliche Zuschauereinnahmen aus dem Sachsen-Derby gegen Leipzig einer Dresdner Hilfsorganisation, der Arche Nova, gespendet. 1.050 Euro wurden sofort danach übergeben. Den Helfern der Johanniter in der Bürgerwiese wurde Hilfe von Vereinsmitgliedern angeboten.
Bitte lassen Sie den Leistungssport Volleyball männlich in dieser Stadt nicht sterben und überdenken noch mal ihren Notfallplan, ob das tatsächlich notwendig ist, die Sporthalle Bürgerwiese als erste zu sperren. Dass der Ukraine-Krieg nicht der letzte Konflikt in dieser Welt sein wird, ist leider nicht auszuschließen.

Zum Hintergrund: In 20 Jahren standen bei Deutschen Meisterschaften 27-mal Nachwuchsteams des VC Dresden auf dem Treppchen, darunter waren sechs Meistertitel. Nur zwei Vereine in ganz Deutschland können im Volleyball männlich mehr Medaillen vorweisen. In der aktuellen Nationalmannschaft Deutschlands der Männer stehen mit Lukas Maase und Simon Hirsch zwei Spieler, die in Dresden entdeckt und ausgebildet wurden. Daran ist weder in der Männer-Nationalmannschaft im Fußball zu denken noch im Handball oder Basketball. Im Deutschen Pokalfinale vor zwei Wochen stand neben Maase und Hirsch mit Richard Peemüller noch ein dritter Spieler, der in Dresden im Leistungssport ausgebildet wurde. Kein anderer Verein stellte mehr Spieler als der VC Dresden. Aktuell stellt der VC Dresden zwei Kader in der Jugend-Nationalmannschaft U20 und sogar drei in der Jugend-Nationalmannschaft U18.

Der Vorstand des VC Dresden

Im Foto bereitet sich die U16 des VCD im Stadtpark auf das Qualifikationsturnier für die Deutsche Meisterschaft vor. Foto: VC Dresden